Es sieht einfach aus. Unaufdringlich und entertainend im besten Fall. Die „anderen“ leisten immerhin die ganze (Rede-) Arbeit. Man hört immer wieder „Wie schwer kann das schon sein?“. Trotzdem weiß jeder, der sich schon mal an einer Moderation versucht hat, dass es durchaus ziemlich schwierig sein kann. Ein unbeliebtes Thema oder schlichtweg Boykott bringen einen so manches Mal in Bedrängnis. Das ungünstige Timing beschert gern mal einen schrägen Blick oder peinliches Schweigen; erwartungsvolle Blicke oder dauerhaftes unterbrochen werden. Die Liste ist so lang wie individuell. Den Fähigkeiten entsprechend. Erinnerst Du Dich noch an den letzten Vortrag, den Du gehalten hast? Die Präsentation von neulich?
Wie heißt es so schön – „Übung macht den Meister“. Man moderiert Woche um Woche. Neue Teams, neue Gesichter, geänderte Dynamiken. Kein Termin verläuft gleich. Dailys, Retrospektiven, Workshops. Selbst wenn man ein Format doppelt nutzt, sind Verlauf und Ergebnisse unterschiedlich. Die Nervosität sinkt. Je mehr Wissen und Erfahrung man sammelt, desto stärker fühlt es sich an, als wäre es nie anders gewesen.
Vor einiger Zeit waren wir vom Ressort Projects and Coaching auf einer Veranstaltung von und für Agilisten. „Unter uns“ sozusagen. Da ist es doch klar, dass es Vorträge und Open Spaces gibt. Man beobachtet, lernt dazu oder unterstützt aktiv. So befand ich mich in einem Open Space mit jemandem, der noch ganz am Anfang seiner Reise stand. Das meine ich wörtlich, denn es war die allererste Moderation. Die Führung aus der Hand gegeben, kein Timeboxing – das Ergebnis ließ auf sich warten. Alle Level von Erfahrungen mit Moderation in einem Raum. Geduldig und hilfsbereit lenkten sie mit ihrer Mitarbeit die Dinge in die richtige Richtung. Als ich im Nachhinein über diese Erfahrung nachdachte, wusste ich wie es denjenigen ergangen sein muss, die meine ersten Moderationsversuche über sich “ergehen“ lassen haben- vor allem für die, die es besser konnten.
Moderatoren müssen nicht nur die Diskussion leiten, sondern auch genau zuhören. Durch aktives Zuhören erkennen sie Konfliktpotenziale, versteckte Meinungen und Widersprüche und können darauf eingehen. So bringen sie die Diskussion gezielt voran. Zu wissen, wann man einschreiten muss, um keine nutzenbringende Konfrontation bzw. tiefergehendes Verständnis zu vermeiden, ist eine Kunst für sich. Denn damit ergibt sich die Möglichkeit allein tiefere Reflexionsprozesse in Gang zu setzen, kreative Lösungsfindung ermöglichen und den Umgang mit komplexen oder emotionalen Themen in den Mittelpunkt zu rücken. Das erfordert ein hohes Maß an Empathie, Flexibilität und Erfahrung, da der Moderierende nicht nur die methodische Führung der Gruppe, sondern auch die bewusste Steuerung von Dynamiken und Emotionen übernimmt. Ein erfahrener Moderator sollte je nach Gruppensituation und Zielsetzung flexibel zwischen dieser sowie anderen Techniken wie zum Beispiel Paraphrasieren, Visualisieren und Zusammenfassungen wechseln können, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
Die Kunst der Moderation ist erlernbar, aber es erfordert Übung und die Anwendung bewährter Techniken. Eine souveräne Moderation zeichnet sich durch Struktur, Flexibilität und ein Gespür für die Dynamik im Raum aus. Wer sich kontinuierlich weiterentwickelt und an seinen Fähigkeiten arbeitet, wird schnell feststellen, dass der Satz „Moderation kann doch jeder“ vielleicht im Kern stimmt – doch erst die richtigen Werkzeuge und viel Erfahrung machen eine Moderation wirklich gut und wertvoll.
Franziska Clemens
Junior Agile Coach